Im MAI 2014 – von Tierarzt Peter Boskamp


Schwarz-Weiss denken

Ich bemerke in der täglichen Praxis das viel Undeutlichkeit besteht über die Verfügbarkeit und die Benutzung von Antibiotika heutzutage. Weiter bemerke ich auch das es viele Hammenmärchen gibt die sich auf nichts basieren. Genug Gründe um dazu etwas zu sagen.

Als Alexander Fleming in 1928 das Penizillin entdeckte realisierten sich bestimmt nicht alle dass es die Basis werden würde für eine Milliardenindustrie. Diese Entdeckung ist immer noch einen Segen zu nennen für Mensch und Tier. Infektionen die jetzt als relativ harmlos gesehen werden, konnten vor diese Entdeckung oft zu Todesfällen führen. Persönlich habe ich ein grosses Respekt für die Entdeckung von Fleming weil es mich als Kind das Leben rettete, als ich wegen einer Blutvergiftung fast ein halbes Jahr im Krankenhaus verbringen durfte. Diese Entdeckung von Fleming führte zu der Entwicklung von einer grosssen Zahl an Antibiotika und Chemotherapeutika. Bequemlichkeitshalber nennen wir alles Antibiotika obwohl das nicht korrekt ist. Tetracylin-Verbindungen wie z.B. Doxycyclin und Oxytetracyclin gehören zu diese Gruppe der Chemotherapeutika.
Im Volksmund teilen wir sie in der Gruppe der Antibiotika ein weil sie mit einander gemein haben dass sie es den Bakteriën ziemlich schwierig machen können. In der Anfangszeit der Antibiotika hatte man die Illusion dass man hiermit alle Krankheitserreger unter Kontrolle kriegen konnte. Worte dieser Art las ich in einen Artikel aus Ende der fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, worin ein Sachverständiger aus diese Zeit das unumwunden behauptete. Mit der Wissenschaft von heute wissen wir das dies eine einfältige Behauptung war. Aber auch unsere Regierung sah mit der damaligen Kenntnisse keine Probleme in das präventive einmischen von Antibiotika in das Futter von Schweine und Geflügel bis weit in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, weil man entdeckt hatte das diese Tiere dadurch schneller wuchsen und damit also mehr verdient werden konnte. Kritik auf diese Politik wurde damals kaum toleriert. Stimmen die Randbemerkungen hierzu machten wurden verpönt. Doch nach und nach wurde klar das auch Bakteriën nicht verrückt waren und eine Antwort fanden auf der exzessive Gebrauch von Antibiotika und zwar in der Form der Resistenz gegen die benutzte Mittel. Kritiker machten sich immer mehr bemerkbar. Wo die jetzt ältere Tierärzte während ihre Studie noch vollgestopft wurden mit der Kenntnis das man ungebremst Antibiotika benutzen konnte wurde bei der nächsten Generation Tierärzte auch die andere Seite der Medaille gezeigt. Man wurde sich bewusst von den Gefahren der Resistenz der Bakteriën gegen die häufige Benutzung von Antibiotika. Es wurde mehr geforscht. Diese Resistenz fing langsam an ein Problem zu werden in den Krankenhäuser und bei der Behandlung von Menschen. In den Niederlanden entwickelte sich dann auch eine zurückhaltende Aufstellung im Bezug zu der Benutzung dieser Mittel. Es gab immer mehr Regel. Aber im Ausland war von dieser Regelgebung kaum die Rede. Und auch heute besteht eine grosse Lücke zwischen die Regelgebung wie sie in den Niederlanden und den umringenden Länder eingeführt und kontrolliert wird und die der z.B. Süd-Europäischen Länder. Um über die Länder weiter weg gar nicht zu reden.
Es besteht also einen grossen Unterschied in der Vorgehensweise des Antibiotikumgebrauchs zwischen den unterschiedlichen Länder. Trotzdem wird die Welt immer kleiner. Man steigt in ein Flugzeug und ein Paar Stunden später ist man in ein Land weit weg wo ganz andere Regel gelten. Auch hinsichtlich des Antibiotikumgebrauchs.
In der Europäischen Gesellschaft wird in jedes Land in sein eigenes Tempo gesucht nach einer Lösung der Problematik die rund Antibiotika entstanden ist hinsichtlich der Resistenz. Diese Regelgebung variïert von ganz locker bis sehr streng. Die Politik bezüglich Antibiotika in den Niederlanden und den umringenden Länder befindet sich dann auch in eine Transitionsperiode. Die Regelgebung im Bezug zu der Benutzung von Antibiotika ändert sich komplett. Logisch das dies zu Unverständnis und Fragen führt. Denn wir sind mitten in diesem Prozess. Die Politik die man in den Niederländen befürwortet kann man einteilen in der Gruppe der strengeren Regelgebung wenn man es vergleicht mit der Regelgebung auf dem Rest der Welt.
In 1987 wurde das erste Tierarzneimittelgesetz eingeführt. Hierin wurde geregelt das alle in den Niederlanden benutzte Tierarzneimittel registriert werden mussten. Auch Antibiotika. Ziel war natürlich um Einsicht zu bekommen im Wildwuchs von Mittel der in den Jahrzehnten vorher entstanden war. Hinsichtlich Antibiotika wurde damals jedoch eine Ausnahme gemacht für die sogenannten ‘minor Spezies’. Das bedeutete dass falls weniger als 5% Antibiotika in eine Dose enthalten waren diese frei verkauft werden durften. Das Eine oder Andere war in der Zeit natürlich eine rein Politike entscheidung. Denn diese 5% Döschen wirkten nur die Resistenz, die man heutzutage bekämpfen möchte, in der Hand. Die Dosierungen der angewendeten Antibiotika waren meistens viel zu niedrig um effektiv alle schadhafte Bakteriën ab zu töten. Dennoch wusste diese Regel sich noch 25 Jahre lang im Stande zu halten. Denn erst ab dem 1. Januar dieses Jahres wurde diese Ausnahmeregel gestrichen und dürfen diese 5% Döschen nicht mehr frei verkauft werden. Hiermit kam sofort ein Missverständnis in der Welt. Tierärzte wurden von Kunden angesprochen mit der Frage ob jetzt keine Antibiotika mehr abgegeben werden dürfen. So weit ist es (noch) nicht. Das Eine hatte im Prinzip gar nichts mit dem Anderen zu tun.

Die Geschehnisse in der Volksgesundheit in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts machten die öffentliche Meinung reif für weiteres eingreifen. Jeder war davon überzeugt das Situationen wie mit der MRSA und der EHEC Bakterië komplett unerwünscht waren. Es mussten Massnahmen her. Die Politik nahm ihre Verantwortung und so kam eine ‘Autorität Antibiotika’ die führend wurde in der Regelgebung und der Gebrauch von Antibiotika. Diese Einrichtung ist also damit beschäftigt um die Umwälzung die im Moment stattfindet zu gestalten. Die Politik hat, eingegeben auf die Gefahre die drohen für die Volksgesundheit und der Lebensmittelsicherheit bestimmt dass eine drastische Reduktion kommen muss im Gebrauch von Antibiotika bei Mensch und Tier. Dabei kommt die Volksgesundheit auf erster Stelle, die Lebensmittelsicherheit auf zweiter Stelle und die Tiergesundheit auf dritter Stelle. Rein rationell ist das nicht mehr als logisch. Aber praktisch muss man mit der Tierarztkappe auf manchmal schlucken wenn man bedenkt dass das wofür man ausgebildet ist, die Genesung von Tiere, untergeordnet geworden ist an andere Belange.

Der Sektor wobei die Reduktion im Gebrauch von Antibiotika in kurzer Zeit mit Erfolg durchgeführt werden konnte, war die Bio-Industrie. Während das Jahreskongress der Tierarztvereinigung war die Ministerin dann auch lobend über die Reduktion von 50% die in noch keine zwei Jahre erreicht war. Leider hatte sie auch noch eine weniger erfreuliche Nachricht. Es muss nämlich noch 40% Reduktion dazu kommen. Dies bedeutet konkret dass das Eine und Andere kaum noch zu verwirklichen ist ohne das peinliche Eingriffe notwendig sind und das es auf der Scheidung der Umwälzung Opfer geben wird im Sinne von Tiere die nicht mehr das meist optimale Arzneimittel verschrieben bekommen können und werden. Auch die andere Tierarten werden nicht länger weit vom Schuss bleiben.
Ein Beispiel um dies zu erläutern. Um die Reduktion vom Gebrauch von Antibiotika Hände und Füsse zu geben hat die Autorität Antibiotika diese antibakterriëlle Mittel eingeteilt in sogenannte erste-, zweite- und dritte Wahl Mittel. Dabei ist der Gebrauch der letzteren zwei Gruppen nur noch möglich unter bestimmte Bedingungen. Die strengste Bedingungen gelten für diese dritte Wahl Mittel (hierzu gehört z.B. Baytril).
Wo in 2012 diese Regelgebung nur galt für den Wirtschaftstieren Sektor, gilt sie ab 2013 auch für die Gesellschaftstiere. Tierärzte müssen ihre eigene Regeln drastisch anpassen an diese neue Regelgebung. Das dies zu Unverständnis führen kann wird klar sein. So wurde ich z.B. angesprochen von einem Taubenzüchter der Schande davon sprach dass sein Tierarzt, wo er schon seit Jahren Baytril kauft um zu kuren gegen Paratyphus, ihm das nicht mehr liefern wollte. Ich habe diesen Mann ruhig erklärt das der Tierarzt sich nur an die Regel halten wollte. Das es also keinen Grund gibt um hiervon Schande zu sprechen. Die Regierung bestimmt die Gesetze. Die Freiheit von handeln die die Tierärzte kannten im Bezug zu Antibiotikabenutzung gibt es nicht mehr.

Ein anderer Züchter fragte mir wieso Trimsulfa noch verschrieben werden durfte für Paratyphus und Baytril nicht mehr. Das hat also wie gesagt damit zu tun das Trimsulfa ein erste Wahl Mittel ist und deswegen eine andere Vorgehensweise kennt.

Es stehen also ganz viele Änderungen vor der Tür, teilweise sind diese schon durchgeführt. Aber was bedeutet das konkret für unser Taubensport? Erstens schreibt das heutige Gesetz vor das nur registrierte Tierarzneimittel benutzt werden dürfen. Gibt es die nicht für eine bestimmte Krankheit, dann dürfen Mittel für andere Tierarten benutzt werden. Ist die Rede von ein spezifisches Problem das mit vorerwähnte Mittel nicht gelöst werden kann, dann hat der Tierarzt (immer noch) das Recht um ein sogenanntes ‘Magistrales Mittel’ zu bereiten für die Behandlung der Krankheit.
Jetzt ist hierzu gekommen das der Gebrauch von zweite und dritte Wahl Mittel eingeschränkt werden soll und unterliegt an strikte Bedingungen. In der Praxis bedeutet das konkret das Mittel die bis jetzt benutzt werden durften nicht, oder mit sehr grosser Zurückhaltung, benutzt werden dürfen. Eine dementsprechende Sanktionspolitik wird wahrscheinlich auch nicht ausbleiben. Für viele Taubenzüchter wird dies nur schwer zu verdauen sein. Aber es ist die Realität. In Belgiën und Deutschland gelten auch schon immer mehr einschränkende Regel im Bezug zu der Benutzung von antibakteriëlle Mittel. Hierbei hat jedes Land seine eigene Schwerpunkte. Das macht die Sache für mancher Taubenzüchter mit internationale Kontakte oft noch schwieriger zu verstehen.

Ich beschäftige mich seit die 80. Jahre des letzten Jahrhunderts mit der Entwicklung von natürliche Mittel die benutzt werden können um Krankheiten bei Tauben vor zu beugen. Diese Mittel wurden jahrelang von mancher Kollege verpönt und lächerlich gemacht. Denn es war viel einfacher um kranke Tiere zu heilen mit Medikamente als sich die mühe zu machen um Krankheiten vor zu bleiben. Das Paradigma hat sich jedoch total geändert. Krankheitsvorbeugung wird jetzt ein Muss, weil die Mittel die benutzt werden können um kranke Tiere zu genesen immer weniger zugänglich werden (im Interesse der Volksgesundheit…). Bestimmt, es werden Mittel übrig bleiben um Tiere zu behandeln. Aber die Frage ist ob die spezifische Probleme die Tauben manchmal haben hiermit noch immer effektiv bestritten werden können. Ich bleibe der Meinung das Tierärzte das Recht behalten müssen um, anständig, mit die meist geeignete Mittel bleibend arbeiten zu können in spezifische ernsthafte Fälle, ohne das Risiko zu laufen um Opfer von Sanktionen zu werden.

Die Zeit wird uns zeigen wie heiss die Suppe in der Zukunft serviert wird. Ich befürchte jedoch das man die Farbtöne Grau zwischen Schwarz und Weiss vorläufig nicht sehen möchte.

Viel Erfolg

Peter Boskamp

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